Samstag, 20. September 2008
Gebühreneinzugszentrale
landkaertchen, 20.09.2008, 22:12h
Der Besuch eines Stadtfestes verspricht im Allgemeinen Musik, Fresserei und manche Überraschung. Es war ein Stadtfest wie die vielen Anderen auch. Ich schlenderte von Bühne zu Bühne und zwischendurch nahm ich eins der Getränke zu mir, die die vielen Stände anboten. Aber es war auch ein besonderes Stadtfest, wie kein Anderes. Ich genoss es nämlich, ohne einen Euro, nicht mal einen Cent zu bezahlen. Denn, und das wurde mir bald klar, ich kam aus einem anderen Stadtviertel. Das war der springende Punkt.
Aber das merkte ich erst später. Zuerst stand ich nämlich an einem Stand, an dem guter Wein ausgeschenkt wurde. Die Schlange war kurz und so war ich bald dran. Ich bestellte einen Trockenen und wollte gerade mein Geld zücken, worauf mich die Verkäuferin fragte "Sind sie aus diesem Viertel?" Ich antwortete mit "Nein". "Dann behalten sie ihr Geld, ich schenke ihnen das Glas."
Man war die freundlich! Oder sah ich so bedürftig aus? Ich ging mit meinem Glas in Richtung der ersten Bühne, auf der irgend eine lokale Rockgruppe mehr Lärm als Musik machte. Kurz vor der Menschenansammlung wurde der Zugang eingeängt und ein freundlicher Herr nahm den vor mir stehenden Leuten eine geringe Summe ab. Ich zückte schon mein Portemonnaie als mir die Frage "Sind sie aus diesem Viertel?" entgegen hallte. Der Herr übertönte dabei die Rockgruppe und ich hatte Mühe zu antworten. "Nein!!!" Lauter ging es nicht. Aber er verstand und winkte mich, ohne zahlen zu müssen, vorbei. Nun schau! Habe ich heute meine Glückssträhne oder liegt es an meinem Outfit? Egal. Ich ließ mich vom Wummern der Bässe und den disharmonischen Klängen der Gitarren eine Weile berieseln, ehe ich dann doch weiter ging.
Das zweite Glas Wein bekam ich auf die gleiche seltsame Weise kostenlos. Und als ich an einer der nächsten Straßenecken auf eine emsig arbeitende Crew von Trommlern stieß, deren Rhythmen mir in die Beine krochen, hatte ich wieder das Glück, nach Beantwortung der obligatorischen Frage kostenlos den Schlägen auf die Trommelfelle zuzuhören.
Der Abend ging noch eine Weile so weiter. Ich hatte mich schon daran gewöhnt, im Gegensatz zu den anderen Leuten durch ein einfaches "Nein" jegliche Dinge kostenlos zu bekommen, sodass ich mich letztlich etwas überfressen hatte und des vielen Weins wegen torkelnd zur Straßenbahn lief, um in das benachbarte Viertel der Stadt zu fahren. Mein Viertel. Mit letzten Kräften schleppte ich mich ins Bett und schlief den nächsten Tag etwas zu lang.
Tage später bekam ich eine Zeitung in die Hände, die über das Stadtfest berichtete und erst in diesem Moment wurde ich aufgeklärt, was es mit den eigentümlichen Fragen auf sich hatte:
Das Stadtfest wurde von den Öffentlich-Rechtlichen durchgeführt und die Gebühreneinzugszentrale übernahm das Management des Kassierens. Die Musik, die Getränke und die Fast-Food-Gerichte wurden in die Straßen eingespeist und zu bezahlen hatte nur, wer unmittelbar dort wohnte. Alle Anderen, im Prinzip alle rund um den Erdball, die ebenfalls diese Genüsse empfangen konnten, durften kostenlos dran teilnehmen. Bezahlt haben die unmittelbaren Anwohner. Und wie ich lesen musste, haben auch die Anwohner bezahlt, die ihre Fenster wegen des Lärms fest verschlossen hatten und in ihren Wohnzimmern die Privaten auf dem Schirm flimmern hatten.
Arme Anwohner, dachte ich mir. Und so langsam wurde mir bewusst, dass das Wort "Recht" nicht vom Adjektiv "richtig" abstammt, sondern von der Umschreibung des Konservatismus: "rechts". "Öffentlich-Rechtliche Sender". "Gebühreneinzugszentrale". Man lasse sich einfach mal diese beiden Begriffe auf der Zunge zergehen. Oder versuche, sie in andere Sprachen zu übersetzen. Nicht möglich, ohne eine halbstündige Beschreibung des deutschen Rechtswesens hinterher zu schicken.
Zur Erklärung dieser Analogie:
Wem heute ein Schreiben der GEZ ins Haus flattert, dass er auch dann, wenn er keinen Fernsehempfänger oder Rundfunkempfänger im Haus hat, trotzdem zahlen muss, wenn er ein "Neuartiges Empfangsgerät" besitzt, dem sei folgendes erklärt:
Ein solches Empfangsgerät besitzt keinen klassischen "Empfänger". Statt dessen hat es eine Internetschnittstelle, mit der man sämtliche im Internet empfangbare Internetradioprogramme anhören kann. Und zwar weltweit. Dämmert es?
Haben Sie so ein Gerät und leben Sie irgendwo auf dieser Welt, außer in Deutschland, dürfen Sie ohne Gesetzesbruch deutsche Sendungen über Internet hören, ohne zu zahlen und so lange, bis Sie schwarz werden. Schließen Sie aber ein solches Gerät in Deutschland ans Internet, müssen Sie zahlen, auch wenn sie vielleicht als Peruaner nur die Sendungen aus Ihrer Heimat hören. Und das zum vollen Rundfunkpreis.
Und um das Kraut fett zu machen: Nicht jedes Gerät, dass am Internet angeschlossen ist und mit dem man Internetradio empfangen kann, ist ein "Neuartiges Empfangsgerät". Der Computer gehört nämlich noch nicht dazu.
Noch!!!
Aber das merkte ich erst später. Zuerst stand ich nämlich an einem Stand, an dem guter Wein ausgeschenkt wurde. Die Schlange war kurz und so war ich bald dran. Ich bestellte einen Trockenen und wollte gerade mein Geld zücken, worauf mich die Verkäuferin fragte "Sind sie aus diesem Viertel?" Ich antwortete mit "Nein". "Dann behalten sie ihr Geld, ich schenke ihnen das Glas."
Man war die freundlich! Oder sah ich so bedürftig aus? Ich ging mit meinem Glas in Richtung der ersten Bühne, auf der irgend eine lokale Rockgruppe mehr Lärm als Musik machte. Kurz vor der Menschenansammlung wurde der Zugang eingeängt und ein freundlicher Herr nahm den vor mir stehenden Leuten eine geringe Summe ab. Ich zückte schon mein Portemonnaie als mir die Frage "Sind sie aus diesem Viertel?" entgegen hallte. Der Herr übertönte dabei die Rockgruppe und ich hatte Mühe zu antworten. "Nein!!!" Lauter ging es nicht. Aber er verstand und winkte mich, ohne zahlen zu müssen, vorbei. Nun schau! Habe ich heute meine Glückssträhne oder liegt es an meinem Outfit? Egal. Ich ließ mich vom Wummern der Bässe und den disharmonischen Klängen der Gitarren eine Weile berieseln, ehe ich dann doch weiter ging.
Das zweite Glas Wein bekam ich auf die gleiche seltsame Weise kostenlos. Und als ich an einer der nächsten Straßenecken auf eine emsig arbeitende Crew von Trommlern stieß, deren Rhythmen mir in die Beine krochen, hatte ich wieder das Glück, nach Beantwortung der obligatorischen Frage kostenlos den Schlägen auf die Trommelfelle zuzuhören.
Der Abend ging noch eine Weile so weiter. Ich hatte mich schon daran gewöhnt, im Gegensatz zu den anderen Leuten durch ein einfaches "Nein" jegliche Dinge kostenlos zu bekommen, sodass ich mich letztlich etwas überfressen hatte und des vielen Weins wegen torkelnd zur Straßenbahn lief, um in das benachbarte Viertel der Stadt zu fahren. Mein Viertel. Mit letzten Kräften schleppte ich mich ins Bett und schlief den nächsten Tag etwas zu lang.
Tage später bekam ich eine Zeitung in die Hände, die über das Stadtfest berichtete und erst in diesem Moment wurde ich aufgeklärt, was es mit den eigentümlichen Fragen auf sich hatte:
Das Stadtfest wurde von den Öffentlich-Rechtlichen durchgeführt und die Gebühreneinzugszentrale übernahm das Management des Kassierens. Die Musik, die Getränke und die Fast-Food-Gerichte wurden in die Straßen eingespeist und zu bezahlen hatte nur, wer unmittelbar dort wohnte. Alle Anderen, im Prinzip alle rund um den Erdball, die ebenfalls diese Genüsse empfangen konnten, durften kostenlos dran teilnehmen. Bezahlt haben die unmittelbaren Anwohner. Und wie ich lesen musste, haben auch die Anwohner bezahlt, die ihre Fenster wegen des Lärms fest verschlossen hatten und in ihren Wohnzimmern die Privaten auf dem Schirm flimmern hatten.
Arme Anwohner, dachte ich mir. Und so langsam wurde mir bewusst, dass das Wort "Recht" nicht vom Adjektiv "richtig" abstammt, sondern von der Umschreibung des Konservatismus: "rechts". "Öffentlich-Rechtliche Sender". "Gebühreneinzugszentrale". Man lasse sich einfach mal diese beiden Begriffe auf der Zunge zergehen. Oder versuche, sie in andere Sprachen zu übersetzen. Nicht möglich, ohne eine halbstündige Beschreibung des deutschen Rechtswesens hinterher zu schicken.
Zur Erklärung dieser Analogie:
Wem heute ein Schreiben der GEZ ins Haus flattert, dass er auch dann, wenn er keinen Fernsehempfänger oder Rundfunkempfänger im Haus hat, trotzdem zahlen muss, wenn er ein "Neuartiges Empfangsgerät" besitzt, dem sei folgendes erklärt:
Ein solches Empfangsgerät besitzt keinen klassischen "Empfänger". Statt dessen hat es eine Internetschnittstelle, mit der man sämtliche im Internet empfangbare Internetradioprogramme anhören kann. Und zwar weltweit. Dämmert es?
Haben Sie so ein Gerät und leben Sie irgendwo auf dieser Welt, außer in Deutschland, dürfen Sie ohne Gesetzesbruch deutsche Sendungen über Internet hören, ohne zu zahlen und so lange, bis Sie schwarz werden. Schließen Sie aber ein solches Gerät in Deutschland ans Internet, müssen Sie zahlen, auch wenn sie vielleicht als Peruaner nur die Sendungen aus Ihrer Heimat hören. Und das zum vollen Rundfunkpreis.
Und um das Kraut fett zu machen: Nicht jedes Gerät, dass am Internet angeschlossen ist und mit dem man Internetradio empfangen kann, ist ein "Neuartiges Empfangsgerät". Der Computer gehört nämlich noch nicht dazu.
Noch!!!
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